
Wer heute durch Instagram scrollt, sieht perfekt in Szene gesetzte Campervans an einsamen Stränden, selbstgebrühten Kaffee im Sonnenaufgang und Paaridylle unterm Sternenhimmel. Campen ist trendy. Campen ist stilvoll. Vanlife erscheint erstrebenswert.
Aber ist es das wirklich? Die Antwort ist: Jein.
Instagram zeigt nicht alles
Die Social-Media-Bilder zeigen oft nur das Schöne:
Weite Landschaften, minimalistisches Leben mit Aussicht, Lifestyle mit selbstgemachtem Kaffee bei bester Aussicht.
Doch was nicht gezeigt wird, sind volle, laute und ausgebuchte Campingplätze in der Hauptsaison, das Ein- und Ausräumen vor und nach jedem Abenteuer, die Entsorgung von Grauwasser respektive alle paar Tage das Entsorgen der eigenen Fäkalien.
Die Realität hat also in der Tat auch ihre unromantischen Seiten. Campen bedeutet auch Arbeit, Planung und manchmal auch Frust.
Campen ist nicht billig
Dazu kommt noch der Punkt mit den Kosten. Früher galt Campen als günstige Alternative zum Hotelurlaub. Doch das stimmt schon lange nicht mehr. Ob man einen Camper kauft oder mietet, die Grundkosten sind hoch. Hinzu kommen Sprit, Campingplatzgebühren, Ausstattung. Dennoch Vanlife boomt.
Wann und warum der Vanlife-Hype begann
Der Vanlife-Hype begann richtig zu wachsen etwa Mitte der 2010er Jahre, als immer mehr Menschen ihre Leidenschaft fürs Reisen mit mehr Freiheit und Flexibilität entdeckten. Gründe dafür sind unter anderem der Wunsch nach mehr Entschleunigung im Alltag, die Sehnsucht nach Nähe zur Natur und das Bedürfnis nach unkomplizierten Reisen. Genau dieser Wunsch nach unkompliziertem Reisen mit unserer Hündin hat uns dazu geführt unsere Ferien auf 4-Räder zu verbringen anstelle in den Urlaub zu fliegen. Gleichzeitig trugen soziale Medien dazu bei, dass das Bild vom freien Leben auf Rädern immer bekannter wurde und viele Menschen inspiriert hat, es selbst auszuprobieren. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend dann noch einmal verstärkt: der Luxus von Freiheit mit dem Camper spontan und unabhängig unterwegs zu sein.
Alle wollen Ruhe – aber alle suchen sie am selben Ort
Alle wollen dieses Gefühl – Ruhe, Freiheit, Rückzug. Doch gerade diese Orte, die genau dieses Gefühl versprechen – die einsamen Plätze am See oder die versteckten Bergwiesen – sind mittlerweile selten geworden. Viele Plätze sind überlaufen, gesperrt oder nur mit Vorabbuchung zugänglich. Wildes Campen wird immer schwieriger und oft verboten. Was früher spontan und frei möglich war, ist heute häufig ein logistisches Puzzle.
Für mich liegt der wahre Luxus beim Campen aber nicht in der Illusion leerer Plätze oder ungestörter Einsamkeit. Vielmehr ist es die Entschleunigung, die ich unterwegs spüre – und die kann ich genauso gut auf einem vollen Parkplatz irgendwo finden, wenn ich mir die Zeit nehme, anzukommen, durchzuatmen und präsent zu sein. Und natürlich gehört auch dazu der Luxus, dass ich mir dieses Reisen überhaupt leisten kann – eine Freiheit, die nicht selbstverständlich ist.
Zuhause Effizienz – unterwegs Reduktion
Im Alltag leben die meisten von uns im Überfluss – ich gehöre auch dazu. Beim Campen reduziert sich alles auf das Wesentliche: Platz, Auswahl und Tempo. Für mich ist dies sehr befreiend. Warum fällt uns das zu Hause so schwer? Weil dort alles auf Schnelligkeit und Effizienz getrimmt ist. Beim Campen dagegen gibt es keine Termine, keinen Zeitdruck. Alles darf langsamer gehen.
Was ich am Campen liebe
Ich liebe das Campen, weil es mich entschleunigt. Weil ich dort bewusst lebe. Nicht, weil alles immer einfach ist, sondern gerade weil es das nicht ist. Unser kleines Zuhause auf Rädern hat alles, was wir brauchen: die Küche, das Bett, den Lieblingskaffee.
Im Camper dauert alles länger. Der Kaffee am Morgen braucht eben 15 Minuten. Der Abwasch ist ein kleines Projekt. Was sich im ersten Moment wie Aufwand anfühlt, wird unterwegs zu einem Geschenk: Wir nehmen uns diese Zeit bewusst, ohne Eile – und genau darin liegt für mich der wahre Luxus.
Im Camper lebt man mit dem, was gerade da ist. Manchmal ist das unbequem, manchmal muss man improvisieren – aber genau das macht es so echt und authentisch. Campen erdet mich, bringt mich raus aus dem Alltag und zurück ins Hier und Jetzt. Es reduziert mich auf das, was wirklich zählt.
Und das schöne: Ich finde dieses Gefühl auch immer öfter zuhause.
Und bald: Argentinien – wieder anders
Bald steht für uns wieder eine andere Reise an: Argentinien, mit Mietwagen und Hotels. Mit Mietwagen wird es sein wie mit dem Camper unterwegs aber ohne alles dabei zu haben. Nach vielen Reisen im Camper bin ich sehr gespannt wie es wird, nun wieder eine andere Art des Reisens zu erleben.
Fazit
Campen ist für mich kein perfekter Instagram-Traum, sondern ein sehr persönlicher Luxus. Nicht, weil es immer bequem oder günstig ist, sondern weil es mir Ruhe und Zeit schenkt. Weil es mich entschleunigt und erdet. Das ist der Luxus, den ich beim Campen finde – und den nehme ich mit, egal wie voll ein Stellplatz ist und wohin die Reise geht.
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